Ronald Willmann

Tücken der Gemütlichkeit
oder Männer und Technik

 

Samstagabend, im TV gibts Krimi, mit Gangster und Spion,
dazu n’alter „Tatort“, und Grand Prix d’Eurovision;

was fehlt noch zum perfekten Abend, gemütlich und adrett?
Na klar – ne Flasche „Dornfelder“, halbtrocken, Kabinett.

Zwei Gläser aus’m Schrank, sind die für Weißen oder Roten?
Ach egal, schmecken tut’s auch so, und ist schließlich nicht verboten;

Herr Meier wirft sich gekonnt ein Wischtuch übern Arm,
richtig professionell sieht er aus, und der Wein ist nicht mal zu warm!

Elegant setzt er den Korkenzieher an, seine Holde schaut verzückt
und stellt fest, dass der Korken kein Stücklein nach draußen rückt.

Herr Meier schnaubt leise und erbost vor sich hin,
nach fünf Minuten fließt ihm der Schweiß über Wangen und Kinn.

Warum will dieser himmelgottverdammte Korken nicht weichen,
oder sollten bei ihm tatsächlich die Kräfte nicht mehr reichen?

Fünfundvierzig ist er erst, stattlich gebaut, noch kein Haar weiß,
und schließlich wird er doch sonst auch fertig mit jedem – Problem!

Wo kommt diese blöde Flasche eigentlich her,
und welcher Idiot hat so ’n Mist nur gekauft, fragt er

seine Gemahlin, die das leere Glas hält mit banger Miene;
„Der war mal im Angebot, von deiner Mutter Wilhelmine!“

Sei’s drum, nichts rührt sich, der Korkenzieher hat nichts gebracht,
Meier überlegt: Wie haben wir’s damals bei der Fahne gemacht?

Ja richtig, den Daumen drauf und den Korken nach innen geschoben,
der Daumen schmerzt leicht nach zehn vergeblichen Proben.

Gerüttelt, geschüttelt, gefleht und gedroht,
die Flasche verflucht und schließlich gebetet in der Not.

Meiers Blick beginnt allmählich so ein bisschen zu flackern
und seine Stimme überschlägt sich, klingt wie ‘n Huhn beim Gackern,

bis er schließlich mit irrem Lachen in den Keller rennt,
eine Axt in der Hand auf die finale Entscheidung drängt;

„Du oder ich!“, schreit er der vermaledeiten Flasche ins Gesicht,
holt aus zum Schlag, die unvermeidliche Katastrophe bricht

über Meiers so gemütlichen Fernsehabend herein,
er schlägt zu und streift zum Glück nur leicht sein Bein.

Verständnislos überblickt der Notarzt die Szenerie,
schaut auf Flasche, Axt und Meiers blutendes Knie,

„Es ist nicht so, wie Sie denken!“, beeilt sich Frau Meier zu versichern,
der Arzt unterdrückt nur mit Mühe ein Kichern,

„nur diese Flasche brachte meinem Mann den Ärger und Verdruss –
statt Kronenkorken hatte sie ’nen Schraubverschluss!“